KÖNIGIN ISLANZADI
Eragon
befand sich in einem mythischen Märchenland, kniete in einem
fantastischen Saal aus lebendigen Kiefern vor der Elfenkönigin und
ihren Beratern, und doch hatte er nur einen einzigen,
schockierenden Gedanken: Arya ist eine Prinzessin!
Irgendwie passte es zu ihr - sie hatte immer
eine befehlsgewohnte Ausstrahlung besessen -, aber ihm gefiel diese
Neuigkeit ganz und gar nicht, denn es bedeutete, dass es zwischen
ihnen eine weitere Schranke geben würde, wenn er erst alle anderen
überwunden hätte. Die neue Erkenntnis erfüllte seinen Mund mit
einem bitteren Aschegeschmack. Ihm fiel Angelas Prophezeiung ein,
dass er sich in eine Frau von adliger Herkunft verlieben würde …
und ihre Warnung, dass sie nicht erkennen könne, ob diese Liebe ein
gutes oder ein schlechtes Ende finden würde.
Er spürte auch Saphiras Überraschung, dann
ihre Amüsiertheit. Anscheinend sind wir,
ohne es zu wissen, mit einer Angehörigen des Königshauses
gereist.
Warum hat sie es uns
nicht erzählt?
Vielleicht hätte es sie
in noch größere Gefahr gebracht.
»Islanzadi
Dröttning«, sagte Arya formell.
Die Königin wich zurück, als hätte man sie
geohrfeigt, dann wiederholte sie in der alten Sprache: »Oh meine
Tochter, ich habe dir Unrecht getan.« Sie schlug die Hände vors
Gesicht. »Seitdem du gegangen bist, habe ich kaum geschlafen und
kaum etwas gegessen. Dein Schicksal hat mich verfolgt, und ich
hatte Angst, dich nie wiederzusehen. Dich aus meinem Haus zu
verbannen, war der größte Fehler, der mir je unterlaufen ist...
Kannst du mir verzeihen?«
Die versammelten Elfen regten sich
erstaunt.
Arya ließ sich Zeit mit der Antwort, und
schließlich sagte sie: »Siebzig Jahre lang habe ich gelebt und
geliebt, gekämpft und getötet, ohne jemals mit dir zu sprechen.
Unsere Leben sind lang, aber trotzdem war dies keine geringe
Zeitspanne.«
Islanzadi straffte die Schultern und hob das
Kinn. Ein Beben fuhr durch ihren Körper. »Ich kann die
Vergangenheit nicht ungeschehen machen, Arya, sosehr ich es auch
wünsche.«
»Und ich kann nicht vergessen, was ich
erleiden musste.«
»Das sollst du auch nicht.« Islanzadi nahm
die Hände ihrer Tochter. »Arya, ich liebe dich. Du bist die einzige
Verwandte, die ich noch habe. Geh, wenn du gehen musst, aber falls
du dich nicht von mir lossagen möchtest, will ich mich mit dir
versöhnen.«
Für einen schrecklichen Moment schien es,
als würde Arya nicht antworten, oder schlimmer noch, als würde sie
das Angebot ablehnen. Eragon sah, wie sie zögerte und dann kurz auf
die Anwesenden schaute. Dann senkte sie den Blick und sagte: »Nein,
Mutter. Ich könnte nicht gehen.« Islanzadi lächelte unsicher und
nahm ihre Tochter erneut in die Arme. Diesmal erwiderte Arya die
Geste und auf den Gesichtern der versammelten Elfen breitete sich
ein Lächeln aus.
Der weiße Rabe hüpfte auf seinem Ständer und
krächzte: »Der Streit jetzt ruht und ganz beschwingt die alte
Weisheit nun erklingt: Nie im Streite
auseinander gehn, lieben sollt ihr, euch verstehn.«
»Still, Blagden«, sagte Islanzadi zu dem
Raben. »Behalte deine Knittelverse für dich!« Dann löste sich die
Königin aus der Umarmung und wandte sich zu Eragon und Saphira.
»Entschuldigt bitte, dass ich unsere beiden wichtigsten Gäste so
lange ignoriert habe. Ich war unhöflich.«
Eragon führte die Fingerspitzen an die
Lippen und legte die Hand so an die Brust, wie Arya es ihm
beigebracht hatte. »Atra Esterní ono
thelduin.« Für ihn bestand kein Zweifel, dass er als
Erster sprechen musste.
Islanzadis dunkle Augen weiteten
sich. »Un du Evarínya ono
varda.«
»Mor’ranr lífa unin
Hjarta onr«, erwiderte Eragon und vervollständigte damit
das Ritual. Er sah, dass seine Kenntnis ihrer Bräuche die Elfen
überraschte. Er hörte im Geiste zu, wie Saphira die an die Königin
gerichtete Grußformel wiederholte.
Als sie damit fertig waren, fragte
Islanzadi: »Drache, wie heißt du?«
Saphira.
Im Gesicht der Königin blitzte ein Moment
des Wiedererkennens auf, aber sie sagte nichts. »Willkommen in
Ellesméra, Saphira. Und du, Drachenreiter, wie heißt du?«
»Eragon Schattentöter, Euer Majestät.«
Diesmal entfuhr den hinter ihnen sitzenden
Elfen ein vernehmliches Raunen. Sogar Islanzadi wirkte
überrascht.
»Du trägst einen machtvollen Namen«, sagte
sie leise, »einen Namen, den wir unseren Kindern nur selten geben …
Willkommen in Ellesméra, Eragon Schattentöter. Wir haben lange auf
dich gewartet.« Sie wandte sich zu Orik und begrüßte auch ihn,
stieg dann wieder auf ihren Thron und schlang ihren purpurnen
Umhang um den Arm. »Aus deiner Anwesenheit so kurz nach Saphiras
Geburt, Eragon, und aufgrund des Rings an deiner Hand und des
Schwerts an deiner Hüfte schließe ich, dass Brom tot und deine
Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Ich möchte deine
Geschichte hören und würde gerne wissen, wie Brom starb und wie du
meiner Tochter begegnet bist. Danach möchte ich hören, in welcher
Mission du hier bist, Zwerg, und von dir, Arya, möchte ich
erfahren, welche Abenteuer du seit dem Hinterhalt in Du
Weldenvarden erlebt hast.«
Eragon hatte seine Geschichte schon einige
Male vorgetragen, deshalb bereitete es ihm keine Mühe, sie nun noch
einmal für die Königin zu wiederholen. Die wenigen Male, wo ihn
seine Erinnerung im Stich ließ, kam ihm Saphira mit präzisen
Schilderungen der Ereignisse zu Hilfe. An einigen Stellen ließ er
einfach sie erzählen. Als sie fertig waren, zog Eragon Nasuadas
Schriftrolle aus dem Wams und reichte sie Islanzadi.
Sie nahm die Schriftrolle entgegen, brach
das rote Wachssiegel, und nachdem sie das Schreiben gelesen hatte,
seufzte sie und schloss einen Moment lang die Augen. »Jetzt erkenne
ich das wirkliche Ausmaß meines Fehlers. Meine Trauer hätte so viel
früher geendet, hätte ich nach Aryas Verschwinden nicht unsere
Krieger abgezogen und Ajihads Boten ignoriert. Ich hätte den Varden
nicht die Schuld an Aryas vermeintlichem Tod geben dürfen. Für
jemanden, der so alt ist wie ich, bin ich viel zu töricht...«
Es folgte ein langes Schweigen, denn niemand
wagte, ihr zu widersprechen oder zuzustimmen. Eragon fasste seinen
ganzen Mut und sagte: »Da Arya nun wohlbehalten zurückgekehrt ist,
werdet Ihr den Varden jetzt wieder helfen? Nasuada kann ohne Eure
Unterstützung nichts erreichen und ich bin ihr verpflichtet.«
»Mein Streit mit den Varden ist wie Staub im
Wind«, sagte Islanzadi. »Sorge dich nicht! Wir werden ihnen
beistehen, so wie früher und mehr noch wegen deines und ihres
Sieges über die Urgals.« Sie stützte sich auf einem Arm ab und
beugte sich vor. »Gibst du mir bitte Broms Ring, Eragon?« Ohne zu
zögern, nahm er ihn ab und reichte ihn der Königin, die ihn mit
schlanken Fingern entgegennahm. »Du hättest ihn nicht tragen
dürfen, Eragon, denn er war nicht für dich bestimmt. Jedoch ernenne
ich dich wegen deiner Verdienste um die Varden und meine Familie
zum Elfenfreund und schenke dir diesen Ring, Aren, damit alle Elfen
sehen, dass sie dir vertrauen und helfen können, wohin du auch
gehst.«
Eragon dankte ihr und nahm den Ring wieder
entgegen. Er war sich des eindringlichen Blicks der Königin
bewusst, die ihn prüfend musterte. Es kam ihm vor, als wüsste sie
bereits alles, was er sagen oder tun könnte. Dann sprach sie:
»Berichte wie deinen haben wir seit vielen Jahren nicht mehr
gehört. Wir führen ein gemächlicheres Leben als die anderen Völker
in Alagaësia, und es beunruhigt mich, dass in so kurzer Zeit so
vieles geschehen kann, ohne dass ich davon erfahre.«
»Was ist mit meiner Ausbildung?« Eragon
blickte verstohlen zu den anderen Elfen und fragte sich, ob einer
von ihnen wohl Togira Ikonoka war, das Wesen, das nach der Schlacht
in Farthen Dûr in seinem Geist erschienen und ihn von Durzas
Dämonen befreit - und Eragon aufgefordert hatte, nach Ellesméra zu
kommen.
»Sie wird zu gegebener Zeit beginnen. Ich
fürchte jedoch, deine Unterweisung ist vergebens, solange du
verletzt bist. Wenn du die Magie des Schattens nicht überwinden
kannst, bleibst du nur eine Symbolfigur. Du magst zwar von Nutzen
sein, aber nur als Erinnerung an jene Hoffnung, die wir ein
Jahrhundert lang gehegt haben.« Islanzadi sprach ohne jeden
Vorwurf, doch jedes Wort traf Eragon wie ein Hammerschlag. Er
wusste, dass sie Recht hatte. »Es ist nicht deine Schuld, und es
schmerzt mich, diese Dinge ansprechen zu müssen, aber du musst
begreifen, wie schwerwiegend deine Schwächung ist... Es tut mir
Leid.«
Dann sprach Islanzadi zu Orik: »Es ist lange
her, dass ein Angehöriger deines Volkes in Ellesméra war, Zwerg.
Eragon-Finiarel hat dein Erscheinen erklärt. Möchtest du dem noch
etwas hinzufügen?«
»Nur die Grüße meines Königs Hrothgar und
die nun nicht mehr notwendige Bitte, wieder Kontakt mit den Varden
aufzunehmen. Darüber hinaus bin ich hier, um zu sehen, ob Ihr den
Pakt, den Brom zwischen Euch und den Menschen geschmiedet hat, in
Ehren haltet.«
»Wir halten unsere Versprechen, ob wir sie
in dieser oder in der alten Sprache geben. Ich nehme Hrothgars Gruß
an und erwidere ihn freundlich.«
Schließlich schaute Islanzadi Arya in die
Augen und fragte: »Nun, Tochter, was ist dir widerfahren?« Eragon
war sich sicher, dass die Königin dies bereits die ganze Zeit hatte
fragen wollen.
In monotonem Singsang trug Arya ihre
Geschichte vor, berichtete zuerst von ihrer Gefangennahme, dann von
ihrer Einkerkerung und der Folter in Gil’ead. Saphira und Eragon
hatten die Einzelheiten der Misshandlungen absichtlich ausgespart,
doch Arya schien es nicht schwer zu fallen, diese Dinge zu
erzählen. Ihre emotionslosen Schilderungen machten Eragon genauso
wütend wie an dem Tag, als er zum ersten Mal ihre Verletzungen
gesehen hatte. Die Elfen gaben keinen Laut von sich, während Arya
erzählte, doch sie packten ihre Schwerter, und messerscharfe
Zornesfalten durchzogen ihre harten Mienen. Islanzadi rann eine
Träne über die Wange.
Hinterher erhob sich ein schlanker Elfenlord
von seinem Platz. »Ich weiß, dass ich für uns alle spreche, Arya
Dröttningu, wenn ich sage, mir blutet das Herz, wenn ich mir die
Torturen vorstelle, die du über dich hast ergehen lassen müssen. Es
ist ein unentschuldbares Verbrechen, für das man Galbatorix
bestrafen muss. Und wir schulden dir tiefen Dank, dass du nicht
verraten hast, wo unsere Städte liegen. Die wenigsten von uns
hätten dem Schatten so lange standgehalten wie du.«
»Ich danke dir, Däthedr-Vor.«
Islanzadi ergriff das Wort. Ihre Stimme
klang wie fröhliches Glockenläuten im Walde. »Das reicht nun.
Unsere Gäste sind müde und warten, und wir reden so lange über
diese Abscheulichkeiten! Ich möchte diesen glücklichen Tag nicht
mit vergangenen Kümmernissen trüben.« Ein bezauberndes Lächeln ließ
ihre Züge erstrahlen. »Meine Tochter ist zurückgekehrt, ein Drache
und ein Reiter sind erschienen, und ich werde veranlassen, dass wir
dieses Ereignis gebührend feiern!« Sie erhob sich, groß und
wunderschön in ihrem purpurnen Gewand, und klatschte in die Hände.
Im nächsten Moment regneten hunderte Lilien und Rosen von der Decke
herab wie bunte Schneeflocken und schwängerten die Luft mit ihrem
berauschenden Wohlgeruch.
Dazu hat sie nicht die
alte Sprache benutzt, bemerkte Eragon.
Während alle anderen mit den Blumen
beschäftigt waren, bemerkte Eragon, wie Islanzadi Arya sanft an der
Schulter berührte und ihr leise etwas zumurmelte, sodass man es
kaum verstand: »Du hättest nie so gelitten, wenn du meinen Rat
befolgt hättest. Ich hatte Recht - du hättest das Yawë nicht annehmen sollen.«
»Ich musste mich so entscheiden,
Mutter.«
Die Königin schwieg, dann nickte sie und
streckte den Arm aus. »Blagden.« Der Rabe flatterte von seiner
Sitzstange herbei und landete auf ihrer linken Schulter. Die
gesamte Versammlung verneigte sich, als Islanzadi zum Kopf des
Saals schritt und eine Tür öffnete, hinter der hunderte Elfen
warteten, denen sie in der alten Sprache eine kurze Erklärung gab,
die Eragon nicht verstand. Die Elfen brachen in Jubel aus und
stoben in alle Richtungen davon.
»Was hat sie gesagt?«, fragte Eragon
Narí.
Narí lächelte. »Wir sollen unsere feinsten
Weine öffnen und die Kochfeuer entzünden, denn heute Abend wird
geschlemmt und gefeiert. Komm!« Er nahm Eragon bei der Hand und zog
ihn hinter der Königin her, die zwischen den Kiefern und Farnen auf
die Lichtung zuschritt. Während sie drinnen gewesen waren, hatte
die Sonne sich weit zum Horizont herabgesenkt, sodass der Wald nun
in rötliches Licht getaucht war, das wie eine glänzende Ölschicht
auf Bäumen und Sträuchern lag.
Dir ist wohl
klar, sagte Saphira, dass
dieser König Evandar, den Lifaen erwähnt hat, Aryas Vater sein
muss, oder?
Eragon wäre fast gestolpert. Du hast Recht... Und das bedeutet, dass er entweder von
Galbatorix oder den Abtrünnigen umgebracht wurde.
Irgendwie hängt alles
miteinander zusammen.
Sie blieben auf einem kleinen Hügel stehen,
wo eine Gruppe von Elfen einen langen Esstisch und Stühle
aufgestellt hatte. Um sie herum surrte der Wald vor Geschäftigkeit.
Als es Abend wurde, erstrahlten überall in Ellesméra goldene Feuer,
einschließlich eines großen Freudenfeuers am Kamm des Hügels.
Jemand reichte Eragon einen Kelch, der aus
demselben merkwürdigen Holz bestand, das ihm schon in Ceris
aufgefallen war. Er trank einen Schluck von der klaren Flüssigkeit
und stöhnte auf, als sie brennend seine Kehle hinabrann. Es
schmeckte wie eine Mischung aus Apfelwein und Met. Der Trunk ließ
seine Fingerspitzen und Ohren kribbeln und erweckte in ihm ein
wunderbares Gefühl von Klarheit. »Was für ein Getränk ist das?«,
fragte er Narí.
Narí lachte. »Faelnirv? Das ist ein Schnaps,
den wir aus zerstampften Holunderbeeren und gesponnenen
Mondstrahlen destillieren. Wenn es nicht anders geht, kann ein
kräftiger Mann drei Tage reisen, ohne etwas anderes zu sich zu
nehmen.«
Saphira, probier
mal! Sie schnüffelte am Kelch, dann öffnete sie das Maul
und ließ sich von ihm den restlichen Faelnirv hineinschütten. Ihre
Augen weiteten sich und ihr Schwanz zuckte.
Das ist ja lecker! Gibt
es mehr davon?
Bevor Eragon antworten konnte, kam Orik
herangestapft. »Die Tochter der Königin«, brummte er
kopfschüttelnd. »Ich wollte, ich könnte das Hrothgar und Nasuada
erzählen. Es würde sie bestimmt interessieren.«
Islanzadi nahm auf einem hochlehnigen Stuhl
Platz und klatschte abermals in die Hände. Aus dem Herzen der Stadt
kam ein Elfenquartett mit Musikinstrumenten herbeigeeilt. Zwei
hatten Harfen aus Kirschholz, der Dritte einen Flötensatz aus
Rohrblatt und die Vierte nichts außer ihrer Stimme. Sie setzte
unmittelbar zu einem bezaubernden Lied an.
Eragon verstand nur jedes dritte Wort, aber
das genügte, um ihm ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Der Text
erzählte von einem entnervten Hirsch, der nicht aus einem Teich
trinken konnte, weil eine freche Elster ihn ständig ärgerte.
Während Eragon dem Lied lauschte, wanderte
sein Blick umher und blieb auf einem kleinen Mädchen haften, das
hinter der Königin herumtollte. Ihr wuscheliges Haar war nicht
silberfarben wie das so vieler Elfen, sondern schlohweiß vom Alter,
und ihr Gesicht war so faltig wie ein schrumpeliger Apfel. Sie war
weder Elfe noch Zwerg und wohl auch kein Mensch, so vermutete
Eragon. Sie lächelte ihn an und dabei sah er ihre spitzen, scharfen
Zähne.
Als die Sängerin fertig war und die Flöten
und Harfen einsetzten, sah Eragon sich von einem Schwarm von Elfen
bestürmt, die ihn - und wie es den Anschein hatte, vor allem
Saphira - kennen lernen wollten.
Jeder der Elfen begrüßte ihn mit einer
tiefen Verbeugung und führte den Zeige- und Mittelfinger an die
Lippen. Eragon tat es ihnen stets aufs Neue nach und wiederholte
jedes Mal die Grußformel. Sie löcherten ihn mit höflichen Fragen
nach seinen Abenteuern, aber den Großteil der Unterhaltung führten
sie mit Saphira.
Anfangs machte es Eragon nichts aus, Saphira
reden zu lassen, denn dies war der erste Ort, wo jedermann
ausschließlich an einem Gespräch mit ihr interessiert war. Aber
bald schon begann es ihn zu ärgern, dass man ihn kaum noch
beachtete. Er war es gewohnt, dass die Leute ihm an den Lippen
hingen, wenn er sprach. Er grinste reumütig, schalt sich dafür,
sich bei den Varden so sehr daran gewöhnt zu haben, stets im
Mittelpunkt des Interesses zu stehen, und versuchte, sich zu
entspannen und das Fest zu genießen.
Wenig später wehte der Duft von Speisen über
die Lichtung und Elfendiener erschienen mit Gefäßen voller
Köstlichkeiten. Abgesehen von frischen, warmen Brotlaiben und
kleinen, runden Honigkuchen bestanden die Gerichte ausschließlich
aus Früchten, Gemüse und Beeren. Letztere waren vorherrschend: von
der Blaubeersuppe über die Himbeersoße bis zu Preiselbeerpudding.
Eine Schale mit Apfelscheiben und wilden Erdbeeren stand neben
einer Pilztorte, die mit Spinat, Thymian und Johannisbeeren gefüllt
war.
Es gab kein Fleisch, nicht einmal Fisch oder
Geflügel, was Eragon noch immer verwunderte. In Carvahall und
überall sonst im Königreich galt Fleisch als Symbol für Ansehen und
Reichtum. Je mehr Gold man besaß, umso öfter konnte man sich zartes
Rindoder Kalbfleisch leisten. Selbst die unteren Adelsstände aßen
es zu jeder Mahlzeit. Darauf zu verzichten, hätte auf ein Defizit
in der Münzschatulle hingewiesen. Und doch folgten die Elfen dieser
Philosophie nicht, trotz ihres offenkundigen Reichtums und obwohl
sie mittels Magie mühelos jagen konnten.
Die Elfen eilten mit einem für Eragon
erstaunlichen Überschwang zu Tisch. Bald hatten alle Platz
genommen: Islanzadi saß mit Blagden, dem weißen Raben, am Kopfende.
Zu ihrer Linken saß Däthedr, Arya und Eragon saßen rechts von ihr
und dazu die übrigen Elfen, einschließlich Narí und Lifaen. Am
fernen Tischende stand kein Stuhl, sondern nur ein riesengroßer
Teller für Saphira.
Während des Festmahls löste sich um Eragon
herum alles in ausgelassene Heiterkeit auf. Er hatte so viel Spaß,
dass er jedes Zeitgefühl verlor und nur das Lachen und die fremden,
über seinen Kopf hinwegschwirrenden Worte hörte und das warme
Kribbeln spürte, das der Faelnirv in ihm auslöste. Die verzückenden
Harfenlaute flüsterten ihm in die Ohren und jagten ihm ein ums
andere Mal wohlige Schauer über den Rücken. Ab und an erwiderte er
den starrenden Blick der Kindfrau, die selbst beim Essen
ununterbrochen zu ihm herübersah.
Während einer kurzen Gesprächspause wandte
Eragon sich zu Arya, die bisher kaum ein Dutzend Worte von sich
gegeben hatte. Er sagte nichts, schaute sie bloß an, noch immer
verwundert über ihre wahre Identität.
Arya traf seinen Blick. »Selbst Ajihad hat
es nicht gewusst.«
»Was?«
»Außerhalb von Du Weldenvarden habe ich
niemandem erzählt, wer ich bin. Brom hat es gewusst - er hat mich
hier kennen gelernt -, aber er hat es auf meinen Wunsch für sich
behalten.«
Eragon fragte sich, ob sie es ihm erklärte,
weil ihr Pflichtbewusstsein es ihr gebot oder weil sie ein
schlechtes Gewissen hatte, ihn und Saphira getäuscht zu haben.
»Brom meinte einmal, dass das, was Elfen nicht sagen, oftmals wichtiger sei als das,
was sie sagen.«
»Er hat uns gut gekannt.«
»Aber warum hast du es geheim gehalten?
Welchen Unterschied hätte es gemacht?«
Diesmal zögerte Arya. »Als ich Ellesméra
verließ, wollte ich nicht mehr an meine Stellung erinnert werden.
Und es war auch nicht wichtig für meine Aufgabe bei den Varden und
Zwergen. Es hatte nichts mit der Person zu tun, zu der ich wurde …
die ich heute bin.« Sie schaute zur Königin.
»Aber Saphira und mir hättest du es ruhig
verraten können.«
Arya schien sein vorwurfvoller Ton zu
missfallen. »Ich hatte keinen Grund zu der Annahme, dass sich
Islanzadis Einstellung zu meinen Entscheidungen geändert hat, und
dir davon zu erzählen, war nicht nötig. Meine Gedanken gehören mir,
Eragon.« Er errötete, als ihm die tiefere Bedeutung ihrer Worte
klar wurde: Warum sollte sie -
eine Diplomatin, eine Prinzessin, eine Elfe, die älter als sein
Vater und Großvater war, die er beide nie kennen gelernt hatte -,
warum sollte sie sich einem sechzehnjährigen Menschen
anvertrauen?
»Na ja«, murmelte er, »wenigstens hast du
dich mit deiner Mutter wieder versöhnt.«
Sie lächelte schief. »Blieb mir denn etwas
anderes übrig?«
In diesem Moment sprang der Rabe von
Islanzadis Schulter, stelzte über die gesamte Tischlänge zu
Saphira, blieb vor ihr stehen und reimte mit krächzender
Stimme:
Drachen wie auch
Fässer
Haben pralle Bäuche,
Drachen wie Karaffen
Hälse lang wie Schläuche,
Doch zwei enthalten Bier,
Der Drache frisst Getier!
Haben pralle Bäuche,
Drachen wie Karaffen
Hälse lang wie Schläuche,
Doch zwei enthalten Bier,
Der Drache frisst Getier!
Die Elfen erstarrten peinlich berührt,
während sie auf Saphiras Reaktion warteten. Nach langer Stille
schaute Saphira von ihrer Quittentorte auf und schnaubte eine
Rauchwolke aus, die den Raben einhüllte. Und kleine Vögel fresse ich auch, sagte sie
und übertrug den Gedanken auf die Tischgäste, damit es jeder hören
konnte. Die Elfen brachen in schallendes Gelächter aus, während
Blagden empört krächzend zurückstelzte und mit den Flügeln schlug,
um den Rauch zu vertreiben.
»Ich muss mich für Blagdens unschickliche
Verse entschuldigen«, sagte Islanzadi. »Er war schon immer ein
vorlautes Kerlchen, trotz unserer Versuche, ihn zu erziehen.«
Ich nehme die
Entschuldigung an, sagte Saphira gelassen und widmete
sich wieder ihrer Torte.
»Woher kommt der Rabe?«, fragte Eragon,
darauf erpicht, mit Arya wieder zu unverfänglicheren Themen
zurückzukehren. Und es interessierte ihn tatsächlich.
»Blagden hat meinem Vater einmal das Leben
gerettet. Evandar kämpfte gegen einen Urgal. Er stolperte und das
Schwert fiel ihm aus der Hand. Bevor der Urgal die Situation
ausnutzen konnte, flog ein Rabe auf ihn zu und hackte ihm ein Auge
aus. Keiner weiß, warum der Vogel das getan hat, aber durch die
Ablenkung konnte Evandar aufspringen und den Kampf gewinnen. Mein
Vater war ein sehr großzügiger Elf, deshalb dankte er dem Raben,
indem er ihn mit einem Zauber für Intelligenz und langes Leben
belegte. Die Magie hatte allerdings zwei Nebenwirkungen, die mein
Vater nicht bedacht hat: Blagdens Federn verloren ihre Farbe, und
er erlangte die Fähigkeit, bestimmte Ereignisse voraussagen zu
können.«
»Er kann die Zukunft sehen?«, fragte Eragon
verblüfft.
»Sehen? Nein, das nicht. Aber er spürt, was
geschehen wird. Auf jeden Fall spricht er gerne in Rätseln - meist
blanker Unsinn. Aber merke dir: Falls Blagden dir jemals etwas
erzählen sollte, das kein Witz ist, tätest du gut daran, seinen
Worten Beachtung zu schenken.«
Als das Festmahl beendet war, erhob sich
Islanzadi, was hektische Aktivität auslöste, weil alle anderen es
ihr eilig nachtaten, und sagte: »Es ist spät, ich bin müde und
kehre nun in meine Gemächer zurück. Begleitet mich, Saphira und
Eragon, dann zeige ich euch, wo ihr schlafen könnt.« Die Königin
bedeutete Arya mitzukommen, dann verließ sie den Tisch. Arya folgte
ihr.
Als Eragon mit Saphira um den Tisch
herumging, blieb er vor der Kindfrau stehen, fasziniert von ihrem
katzenartigen Blick. Alles an ihrer Erscheinung, von ihren Augen
über ihr wuscheliges Haar bis zu den weißen Fängen, weckte
Erinnerungen in Eragon. »Du bist eine Werkatze, nicht wahr?« Sie
blinzelte einmal, dann bleckte sie die Zähne zu einem gefährlichen
Lächeln. »Ich bin einem deiner Art in Teirm und Farthen Dûr
begegnet. Er heißt Solembum.«
Ihr Grinsen wurde breiter. »Ja, ein netter
Kerl. Menschen langweilen mich, er aber findet es amüsant, mit der
Hexe Angela zu reisen.« Dann sprang ihr Blick zu Saphira und sie
stieß ein bewunderndes Geräusch aus, halb Knurren, halb
Schnurren.
Wie heißt
du?, fragte Saphira.
»Namen sind in diesen Wäldern von großer
Bedeutung, junge Drachendame, ja, das sind sie. Wie auch immer …
Bei den Elfen nennt man mich ›Die Wächterin‹ und ›Flinktatze‹ und
›Traumtänzerin‹, aber du kannst mich ruhig Maud nennen.« Sie warf
ihren schlohweißen Strubbelkopf zurück. »So, und nun eilt der
Königin nach! Sie hat keine Geduld mit Narren und Trödlern.«
»Es war nett, dich kennen zu lernen, Maud«,
sagte Eragon. Er verbeugte sich und Saphira neigte den Kopf. Eragon
schaute zu Orik und fragte sich, wo der Zwerg wohl schlafen würde,
dann folgte er Islanzadi.
Sie schlossen zur Königin auf, als diese vor
einem riesigen Baum stehen blieb. Um den Stamm herum führte eine
Wendeltreppe hinauf zu einem kugelförmigen Baumhaus, das in den
Wipfeln zwischen den Ästen hing.
Islanzadi hob ihre schmale Hand und deutete
nach oben. »Du musst hinauffliegen, Saphira. Als wir unsere Treppen
wachsen ließen, hatten wir keine Drachen im Sinn.« Dann sprach sie
zu Eragon: »Hier hat der Anführer der Drachenreiter gewohnt, wenn
er in Ellesméra weilte. Ich überlasse dir seine Gemächer, denn du
bist der rechtmäßige Erbe dieses Titels … Er ist dein Vermächtnis.«
Bevor Eragon ihr danken konnte, gingen Islanzadi und Arya weiter.
Arya warf ihm noch einen langen Blick zu, bevor sie mit ihrer
Mutter in der Dunkelheit verschwand.
Komm, lass uns
nachschauen, was für eine Unterkunft wir bekommen
haben, sagte Saphira. Sie stieß sich vom Boden ab und
kreiste um den Baum herum in die Höhe.
Als Eragon die erste Stufe erklomm, erkannte
er, was Islanzadi gemeint hatte: Die Wendeltreppe war eins mit dem
Baum. Die Rinde unter seinen Füßen war glatt und flach getreten von
den vielen Elfen, die darauf gewandelt waren, aber sie war
eindeutig Teil des Stamms, genau wie das geschwungene
Treppengeländer, über das seine rechte Hand glitt.
Da die Stufen eigentlich für die viel
stärkeren Elfen gedacht waren, führten sie steiler hinauf, als
Eragon es gewohnt war, und bald schon brannten ihm Waden und
Oberschenkel. Er atmete so schwer, als er oben ankam und durch eine
Falltür in das Baumhaus kletterte, dass er sich krümmte und nach
Luft schnappte. Als er sich einigermaßen erholt hatte, richtete er
sich auf und nahm seine Umgebung in Augenschein.
Er stand in einem kreisrunden Vestibül, in
dessen Mitte aus einem Säulenfuß eine spiralförmige Skulptur zweier
sich umschlingender, aber nicht berührender Hände und Unterarme
emporragte. Drei Schiebetüren führten aus dem Vestibül heraus -
eine in ein nüchternes Speisezimmer, in das mindestens zehn Leute
hineinpassten, die zweite in eine kleine leere Kammer mit einer
runden Ausbuchtung im Boden, die für Eragon keinen erkennbaren
Nutzen hatte, und die letzte in ein zum Wald hin offenes
Schlafzimmer.
Mit einer Laterne, die Eragon vom
Deckenhaken nahm, betrat er das Schlafzimmer und warf dabei
Heerscharen von Schatten, die über die Wände huschten wie
übermütige Tänzer. In der Außenwand klaffte eine tränenförmige
Öffnung, die groß genug für einen hereinfliegenden Drachen war. Es
gab ein Bett, das so stand, dass er Himmel und Mond betrachten
konnte, wenn er auf dem Rücken lag, einen Kamin aus grauem Holz,
das sich kühl und hart wie Stahl anfühlte, als wäre es zu nie da
gewesener Dichte komprimiert, und auf dem Boden ein großes, mit
einer flauschigen Decke bedecktes Podest, auf dem Saphira schlafen
konnte.
Während er sich noch umsah, kam Saphira von
oben herabgesaust und landete auf der Kante der Wandöffnung. Ihre
Schuppen funkelten wie blaue Sterne. Hinter ihr strichen die
letzten Sonnenstrahlen durch den Wald und tauchten die Bäume in
purpurnes Licht, das die Kiefern leuchten ließ wie glühendes Eisen
und die Schatten zum flammenden Horizont zurückdrängte. Aus dieser
Höhe sah die Stadt aus wie eine Ansammlung rotbrauner Farbtupfer im
endlosen Grün, Inseln der Ruhe in einem rastlosen Ozean. Von hier
oben erkannte man, wie groß Ellesméra wirklich war. Es erstreckte
sich mehrere Meilen nach Westen und Norden.
Mein Respekt für die
Reiter wächst noch mehr, falls Vrael immer so gewohnt haben
sollte, sagte Eragon. Es ist
viel schlichter, als ich erwartet habe. Das Baumhaus
schwankte leicht in einer Brise.
Saphira schnüffelte an ihrer
Decke. Wir müssen erst Vroengard
sehen, gab sie zu bedenken, obwohl er spürte, dass sie
seiner Meinung war.
Als Eragon die Schlafzimmertür zuschob, sah
er etwas, das ihm bei der ersten Inspektion entgangen war: eine
Wendeltreppe, die um einen dunklen Holzschornstein herum in die
Dunkelheit hinaufführte. Er griff nach der Laterne und erklomm
vorsichtig Stufe um Stufe. Nach einigen Runden gelangte er in ein
Arbeitszimmer, in dem sich ein Schreibtisch mit Schreibutensilien
und ein weiterer gepolsterter Schlafplatz für einen Drachen
befanden. Auch hier hatte die Außenwand eine Öffnung zum
Hereinfliegen.
Saphira, sieh dir das
an!
Wie
denn?, fragte sie.
Komm von außen
herauf. Eragon fuhr zusammen, als unter Saphiras scharfen
Klauen die Rinde an den Ästen zersplitterte, während sie aus dem
Schlafzimmer stieg und sich zum Arbeitszimmer hinaufhangelte. Mit
ihren saphirblauen Augen betrachtete sie Zimmer und
Einrichtung.
Ich frage
mich, sagte sie, wie man sich
warmhalten soll, wenn die Räume alle offen sind.
Ich weiß
nicht. Eragon untersuchte die Wand neben der
Landeöffnung, strich über die abstrakten Muster, welche die
Elfenlieder dem Baum entlockt hatten. Er hielt inne, als er eine
vertikale Erhebung im Holz fühlte. Er drückte leicht dagegen,
worauf sich aus der Wand ein transparenter Stoffvorhang entrollte.
Er zog ihn quer über die Öffnung und fand auf der anderen Seite
zwei Wandhaken, an denen er den Saum einhängen konnte. Fast
augenblicklich wurde es spürbar wärmer. Hier hast du die Antwort. Er hakte den Vorhang
aus, der sogleich zurückschnellte und sich wieder aufrollte.
Unten im Schlafzimmer packte Eragon seine
Sachen aus, während Saphira es sich auf ihrer Decke bequem machte.
Er legte alles sorgfältig zurecht - Schild, Arm- und Beinschienen,
Haube, den Helm -, dann nahm er das übergeworfene Kettenhemd ab und
zog das Wams aus. Er saß mit freiem Oberkörper auf dem Bett und
studierte die geölten Plättchen des Kettenhemdes, verblüfft
darüber, wie sehr sie Saphiras Schuppen ähnelten.
Wir haben es
geschafft, seufzte er ungläubig.
Es war eine lange Reise
… aber ja, wir haben es geschafft. Wir hatten Glück, dass unterwegs
nichts Schlimmes passiert ist.
Er nickte. Nun
werden wir herausfinden, ob es die Mühsal wert war. Manchmal frage
ich mich, ob wir nicht besser den Varden geholfen
hätten.
Eragon! Du weißt genau,
dass wir noch vieles lernen müssen. Brom hätte es so gewollt.
Außerdem sind Islanzadi und die Stadt selbst es allemal wert,
hergekommen zu sein.
Vielleicht. Er schwieg einen Moment lang, dann
fragte er: Was hältst du von
alledem?
Saphira öffnete ein klein wenig die Lippen,
sodass man die Zähne sah. Ich weiß nicht.
Die Elfen haben noch mehr Geheimnisse als Brom, und mit ihrer Magie
vollbringen sie Dinge, die ich nie für möglich gehalten hätte. Ich
habe keine Ahnung, mit welcher Methode sie die Bäume dazu bringen,
in solche Formen zu wachsen, oder wie Islanzadi plötzlich Rosen
herabregnen lassen konnte. Das übersteigt meinen
Horizont.
Es erleichterte Eragon, dass er nicht als
Einziger völlig überwältigt war. Und was
ist mit Arya?
Was soll mit ihr
sein?
Du weißt schon, ihre
wahre Identität.
Sie hat sich nicht
verändert, du nimmst sie bloß anders wahr.
Saphira kicherte kehlig, was aus ihrem Hals
wie aneinander stoßende Steine klang, und legte den Kopf auf die
Vorderbeine.
Die Sterne funkelten inzwischen am
Abendhimmel und die leisen Rufe der Eulen hallten durch Ellesméra.
Die ganze Welt war friedvoll und still, während sie allmählich in
die märchenhafte Nacht entschlummerte.
Eragon stieg unter die Bettdecke und
streckte den Arm aus, um die Laterne zu löschen, hielt aber mitten
in der Bewegung inne. Hier war er nun, in der Hauptstadt der Elfen,
über dreißig Meter in der Luft, und lag in dem Bett, in dem einst
Vrael geschlafen hatte.
Die Vorstellung war beinahe
unerträglich.
Er schwang sich wieder aus dem Bett, nahm
Laterne und Schwert, stieg auf Saphiras Podest und schmiegte sich
an ihren warmen Bauch. Sie gab ein Summen von sich und legte einen
blauen Flügel über ihn, dann löschte er das Licht und schloss die
Augen.
Sie schliefen tief und fest in ihrer ersten
Nacht in Ellesméra.